Trainieren für ein langes Leben

Die Bedeutung von Training im Alter

Jeder möchte gerne alt werden, aber keiner möchte alt sein. Trotzdem werden wir früher oder später alle älter. In der Praxis höre ich jeden Tag Sprüche wie ‘Mit 40 fängt es an’, ‘Mit 50 geht es los’ oder ‘Mit 60 wird es schlimmer’. Das ist interessant, denn jedes Alter bedeutet etwas anderes. Auf der einen Seite gibt es trainierte 75-Jährige, die fitter sind als untrainierte 20-Jährige. Auf der anderen Seite gibt es 40-Jährige, die wie 80 aussehen. Leider hält sich der Mythos hartnäckig, dass man alt ist und deswegen nicht mehr trainieren kann. In diesem Beitrag werdet ihr lernen, dass Training im hohen Alter nicht nur möglich, sondern sogar noch wichtiger ist.

80 ist das neue 50 oder das Leben beginnt mit 66. Wir werden immer älter und können unser Leben meist bis ins hohe Alter genießen. Dennoch gibt es gravierende Unterschiede zwischen Menschen. Häufig wird dabei vom biologischen und kalendarischen Alter gesprochen. Das kalendarische Lebensalter können wir nicht beeinflussen. Es bestimmt einfach, wann wir geboren sind. Der Kalender lässt sich nicht betrügen. Andererseits gibt es das biologische Alter, das angibt, wie alt man im Vergleich zu anderen Menschen ist. Es kann sogar sein, dass das biologische Alter bis zu 14 Jahre niedriger ist als das kalendarische Alter. Das bedeutet, dass eine 80-Jährige so fit sein kann wie eine durchschnittlich 66-Jährige. Dieses biologische Alter können wir durch unseren Lebensstil beeinflussen. Unsere Lebenserwartung steigt deutlich an und Alterungserscheinungen wie der Abbau der Leistungsfähigkeit treten später oder sogar gar nicht auf. Im Allgemeinen nehmen wir Medikamente, um diese Symptome zu bekämpfen. Allerdings gibt es keine Wunderdroge, die Muskelmasse oder Ausdauer herbeizaubern kann. Das erreicht man nur durch Training. Normalerweise erreichen wir mit 25 unsere höchste körperliche Leistungsfähigkeit. Danach bauen wir leider jedes Jahr etwa 1% ab. Interessanterweise kann man anhand dieser Abnahme die theoretische Lebensdauer eines Menschen berechnen. Wenn die Leistungsfähigkeit auf 0 sinkt, sterben wir. Männer bauen im Alter schneller Kraft ab als Frauen, was dazu führt, dass sie schneller eine körperliche Leistungsfähigkeit von 0 erreichen. Frauen können theoretisch bis zu 125 Jahre alt werden, Männer bis zu 100 Jahre.

Trainierbarkeit im Alter & der Einfluss auf die Lebenserwartung

Trainierbarkeit wird definiert als die “Verbesserung der individuellen Leistungsfähigkeit als Folge von Training”. Doch wie sieht es im Alter aus? Gute Nachrichten: Bis zum Tod sind wir trainierbar. Das gilt sowohl für die Ausdauer als auch für die Kraft. Sogar 90-Jährige können innerhalb von zwölf Wochen bis zu 40 % an Kraft gewinnen. Es geht sogar so weit, dass ein Sportler, der mit 75 regelmäßig trainiert, fitter ist als ein untrainierter 25-Jähriger. Aber auch wenn ich so überzeugend schreibe, dass Training immer funktioniert, denkt ihr bestimmt: “Ja, im Alter merke ich doch, dass ich weniger fit bin als früher.” Ja, im Alter bauen wir ab. Selbst wenn wir unser Leben lang mit derselben Anzahl an Trainingsstunden trainieren, nimmt die Leistungsfähigkeit dennoch ab. Dieser Verlust beträgt nur etwa 30%, während Training zu einem Gewinn von bis zu 50% führen kann. Es gibt sogar Wissenschaftler, die behaupten, dass der Rückgang der Muskelmasse nur durch weniger Trainingsstunden entsteht. Oft reduzieren wir den Sport nach der Schulzeit, dann weiter zum Arbeitsbeginn, dann wenn die Kinder auf dem Weg sind, und schwups sind wir an einem Punkt: “Ich habe früher doch so gerne Sport gemacht…”

Die maximale Lebenserwartung hängt nur zu 30% von der Genetik ab. Dazu kommen Umwelteinflüsse wie Wohnverhältnisse, die Ernährungssituation, der Hygienestandard, der medizinische Standard oder die Arbeitswelt. Diese Faktoren werden vor allem von der Gesellschaft und dem Lebensstandard bestimmt. Ein unterernährter Mensch in einem Entwicklungsland mit schlechter medizinischer Versorgung wird statistisch gesehen selten so alt wie sein Zwillingsbruder in einem G7-Land. Im alten Rom wurde ein Mensch durchschnittlich 35-30 Jahre alt, da 40% der Kinder vor dem 5. Lebensjahr starben. Das senkte den Altersdurchschnitt. Interessanterweise hat sich das bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts nur geringfügig geändert. Damals lag die durchschnittliche Lebenserwartung ähnlich niedrig. Anders gesagt sind früher die meisten Menschen vorzeitig gestorben und konnten nicht ihre theoretische Lebenserwartung erreichen.

Dann bleiben noch 40-50% Einfluss auf die Lebenserwartung durch Faktoren, die das Individuum selbst beeinflussen kann, wie Rauchen, Ernährung, Bewegung, usw. Heutzutage sind Herzkreislauferkrankungen und Krebs die Todesursache Nummer 1 in entwickelten Ländern. Mittlerweile weiß jeder, dass Bewegungsmangel Herzinfarkte und Arterienverkalkung begünstigt. Interessanterweise treten auch einige der häufigsten Krebsarten (Brust, Lunge, Dickdarm) vermehrt bei Menschen mit Bewegungsmangel auf. Ich höre in der Praxis täglich: “Ich bewege mich doch den ganzen Tag – ich habe keinen Bewegungsmangel.” Aber ist das wirklich so? Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, dass wir uns an mindestens fünf Tagen in der Woche mindestens 30 Minuten so intensiv bewegen, dass wir ins Schwitzen kommen. Erst dann sind wir aus Bewegungssicht gesund. Hand aufs Herz: Wie viel bewegen wir uns wirklich? Mittlerweile wird empfohlen, dass wir uns alle halbe Stunde für mindestens 30 Sekunden bewegen sollen. Nicht umsonst heißt es, dass Sitzen das neue Rauchen ist. Jeder Erwachsene sitzt durchschnittlich 10 Stunden am Tag. Wie kannst du mehr Bewegung in dein Leben bringen? Wenn du dir jetzt sagst: “Irgendwann müssen wir sowieso sterben – ich bin der Genussmensch ohne Sport”, dann hoffentlich überzeugt dich, dass Sport die Lebensqualität deutlich verbessert. Beim Sport schüttet der Körper nämlich Endorphine aus, die Glückshormone, die Schokolade so glücklich machen. Bist du immer noch nicht überzeugt? Sportler werden später pflegebedürftig und können ihr Leben länger genießen.

Lass uns gemeinsam ein Leben lang trainineren

Es ist nie zu spät, mit dem Training anzufangen und ein aktives Leben zu führen. Unser biologisches Alter und unsere Lebenserwartung werden maßgeblich von unserem Lebensstil beeinflusst. Regelmäßiges Training kann nicht nur die Leistungsfähigkeit steigern, sondern auch dazu beitragen, dass wir gesünder altern und unsere Lebensspanne verlängern. Egal in welchem Alter wir uns befinden, wir können immer noch trainieren und von den positiven Effekten profitieren. Also lass uns gemeinsam ein Leben lang trainieren und die besten Versionen unserer selbst sein! 

 

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